Die Hand ist ein wahres Arbeitstier, denn sie ist unser wichtigstes Mittel für nahezu alle Arbeiten. Dabei ist sie ein anatomisches Wunderwerk: Die menschliche Hand besteht aus 27 Knochen und besitzt damit ein Viertel der Knochen des menschlichen Körpers. Sie enthält 33 Muskeln und 3 Nerven sowie vier Gefäßnervenbündel pro Finger, die für die Funktionstüchtigkeit zuständig sind. Darüber hinaus hat jede Handfläche 17.000 Fühlkörperchen.
Wie unfassbar oft wir unsere Hände und Finger benutzen und wie sehr selbst kleine Verletzungen an der Hand im Alltag einschränken, merkt jeder, der sich an der Fingerkuppe an Papier geschnitten oder sich bei der Gartenarbeit einen Holzsplitter (und sei er auch noch so klein!) in der Handfläche zugezogen hat.
Arbeitshandschuhe sind aus vielerlei Gründen unverzichtbar. Dem Schutzsuchenden bietet sich eine überwältigende Vielfalt – je nach Anwendungsbereich, Material, Oberfläche, Greifeigenschaften... Die erste Frage bei der Suche nach dem richtigen Handschuh muss lauten: Soll die Hand vor dem Werkstoff oder der Werkstoff vor der Hand geschützt werden?
Bei 41% aller Arbeitsunfälle ist laut AUVA die Hand betroffen, bei Jugendlichen sogar 50 %. Handverletzung führen damit das Feld der Arbeitsunfälle deutlich an. Schutzhandschuhe sind daher für viele Berufsgruppen vorgeschrieben und ein wesentlicher Bestandteil der Persönlichen Schutzausrüstung (PSA) (weitere Informationen zum Thema PSA gibt es im Beitrag zum Thema Arbeitskleidung und Schutzkleidung).
Die Norm EN 420 legt die allgemeinen Anforderungen an Schutzhandschuhe fest. Sie beschreibt z.B. wie Handschuhe gestaltet und konfektioniert, wie widerstandsfähig oder komfortabel sie sein müssen. Laut EN 420 muss die Kennzeichnung von Schutzhandschuhen folgende Angaben enthalten:
Kann die Kennzeichnung nicht direkt auf den Schutzhandschuh aufgebracht werden, muss sie auf der Verpackung aufgedruckt sein.
Zusätzlich gibt es Piktogramme, die zeigen gegen welche Risiken der Handschuh schützt. Diese Kennzeichnung von Schutzhandschuhen darf jedoch nur dann aufgebracht werden, wenn der Handschuh die Mindestanforderungen der angegeben Norm erfüllt. Die Norm verdeutlicht dabei die Testverfahren die der jeweilige Handschuh durchlaufen muss, um dem Anwender eine Vergleichbarkeit zu ermöglichen.
Je nach Art des äußeren Einflusses, gegen den die Hände primär geschützt werden sollen, werden die Handschuhe nach einer bestimmten Norm geprüft und entsprechend gekennzeichnet:
Alle Handschuhe, die dieses Zeichen tragen, entsprechen der EN Norm 388 und schützen vor mechanischen Einflüssen. Auch hier gibt es noch enorme Unterschiede, die in aufwändigen Prüfverfahren dokumentiert und kategorisiert werden. Folgende Eigenschaften werden dabei geprüft:
Finden Sie in der Kennzeichnung an einer Stelle statt einer Ziffer ein X, bedeutet dies, dass für den Handschuh für diese spezielle Anforderung kein Prüfwert vorliegt.
Die fünfstellige Kennzeichnung unter dem Symbol gibt also Aufschluss darüber, bei welchen Anforderungen der Handschuh im Speziellen die besten Schutzeigenschaften aufweist. Je grober die Einflüsse sind, gegen die der Handschuh seinen Träger schützen soll, desto „stärker“ muss auch das verarbeitete Material sein. Ist jedoch eher Fingerspitzengefühl gefragt, ist auch das Material eher „feiner“ und damit auch meist die Schnitt- und Durchstichfestigkeit geringer.
Sind die Hände beim Arbeiten großer Hitze ausgesetzt, müssen die Handschuhe nach EN 407 geprüft und ausgezeichnet sein. Ähnlich wie bei den mechanischen Risiken wird der Schutzhandschuh während des Prüfverfahrens auf verschiedene Eigenschaften getestet und mit Kennzahlen von 0 bis 4 (beziehungsweise von 0 bis 3) gekennzeichnet. Auch hier gilt: ein x statt einer Ziffer bedeutet, das zu dieser speziellen Eigenschaft (noch) keine Messergebnisse vorliegen:
Wer bei Minustemperaturen schon einmal seine Handschuhe vergessen hat, kennt das aus eigener Erfahrung: kalte Hände werden steif und verlieren ihre Fingerfertigkeit. Bei der Arbeit bedeutet dies, dass Werkzeuge oder Materialien nicht mehr sicher benutzt werden können. Kälteschutzhandschuhe tragen das Piktogramm "Kälterisiko" und entsprechen damit der EN 511. Die so klassifizierten Handschuhe, werden hinsichtlich ihrer Thermischen Isolationsfähigkeit bei durchdringender Kälte (=Konvektionskälte) und bei Kontaktkälte, d.h. bei der direkten Berührung von kalten Gegenständen, bis -50°C geprüft. Das Piktogramm ist im Gegensatz zu anderen nur mit einem dreistelligen Zahlencode versehen. Folgende Prüfkriterien werden daher bei Kälteschutzhandschuhen angewendet (auch hier gilt, je besser das Prüfergebnis, desto höher die Ziffer):
Für Handschuhe, die gegen Chemikalien schützen sollen, ist die Europäische Normen EN ISO 374-1:2016 ausschlaggebend.
Die Klassifizierung erfolgt dabei anhand von 3 Prüfverfahren:
Schutz gegen Penetration, Mindestdurchbruchzeit ≥ 30 min für mindestens 3 Chemikalien aus der Liste
Die Handschuhe werden mit folgenden Chemikalien überprüft:
Codebuchstabe | Chemikalie | CAS-Nummer | Stoffklasse |
A | Methanol | 67-65-1 | Primärkohle |
B | Aceton | 67-64-1 | Ketone |
C | Acetonitril | 75-05-8 | Nitrilverbindungen |
D | Dichlormethan | 75-09-2 | Chlorkohlenwasserstoffe |
E | Schwefelkohlenstoff | 75-15-0 | Schwefel mit Anteilen organischer Verbindungen |
F | Toluol | 108-88-3 | Aromatische Kohlenwasserstoffe |
G | Diethylamin | 109-89-7 | Amine |
H | Tetrahydrofuran | 109-99-9 | Heterozyklische Kohlenwasserstoffe |
I | Essigsäureethylester (Ethylacetat) | 141-78-6 | Ester |
J | n-Heptan | 142-82-5 | Aliphatische Kohlenwasserstoffe |
K | Natriumhydroxid 40 % | 1310-73-2 | Anorganische Basen |
L | Schwefelsäure 96 % | 7664-93-9 | Anorganische Mineralsäuren, oxidierend |
M | Salpetersäure 65 % | 7697-37-2 | Anorganische Mineralsäure, oxidierend |
N | Essigsäure 99 % | 64-19-7 | Organische Säuren |
O | Ammoniak 25 % | 1336-21-6 | Organische Basen |
P | Wasserstoffperoxid | 7722-84-1 | Peroxide |
S | Flusssäure 40 % | 7664-39-3 | Anorganische Mineralsäuren |
T | Formaldehyd 37 % | 50-00-0 | Aldehyde |
Handschuhe die gegen Mikroorganismen schützen sollen, müssen den Penetrationstest mit Bakterien und Pilzen nach der Norm EN 374-2: 2014 bestehen, also frei von Leckagen sein. Als Piktogramm wird das Biogefährdungssymbol verwendet. Soll der Handschuh auch gegen Viren schützen, muss der Schutzhandschuh zusätzlich zum Penetrationstest mit Bekterien und Pilzen auch einen Bakteriophagen-Penetrationstest nach der ISO 16604:2004 (Verfahren B) bestehen. Unter dem Piktogramm findet sich dann die Kennzeichnung VIRUS.
Einweghandschuhe werden häufig in Laboren, Elektroindustrie, Pharmaindustrie, Medizintechnik und Arztpraxen, aber auch im Lebensmittelbereich genutzt, da sie guten Schutz vor vielen Flüssigkeiten bieten. Es muss jedoch immer im Einzelfall geprüft werden, ob und mit welchen Chemikalien man in Berührung kommen wird und welches Material den jeweils besten Schutz bieten kann. Das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) bietet beispielsweise hierfür sehr anschauliche Übersichten zum Download an.
Bei der Auswahl entscheidet, neben Tragdauer und dem gewünschten Einsatzbereich (Brauche ich besonders gutes Tastempfinden? Oder geht es eher um einen kurzzeitigen Schutz der Haut bei „groberen“ Tätigkeiten?) ganz besonders auch das persönliche Empfinden. Durch den engen Hautkontakt ist es wichtig, die Hautverträglichkeit der einzelnen Materialen zu prüfen – was dem einen angenehm ist, löst beim nächsten vielleicht Allergien aus. Besonders Latex sollte im Zusammenhang mit Allergien erst getestet werden.
Gepuderte Handschuhe erhöhen den Tragekomfort, indem die Puderschicht dem Entstehen von Schweißhänden entgegenwirkt. Darüber hinaus fällt durch die gepuderte Oberfläche das An- und Ausziehen deutlich leichter. Der Nachteil: Spuren des Puders verbleiben nach dem Ausziehen auf den Fingerspitzen und könnten unmittelbar danach angefasste Gegenstände verschmutzen. Auch hier: Im Falle eines erhöhten Allergie-Risikos lieber auf eine der puderfreien Varianten zurückgreifen.
Auch bei Arbeitshandschuhen kann das Material entscheidend sein: Handschuhe mit Polyurethan-Beschichtung sind atmungsaktiv und ermöglichen eine hervorragende Fingerfertigkeit. Schutzhandschuhe die mit einer Nitril-Beschichtung versehen sind, haben eine sehr gute Beständigkeit gegen Fette, Öle und Alkohol. Der Vorteil bei Handschuhen mit Latex-Beschichtung: sie sind sowohl für eine trockene als auch eine feuchte Umgebung geeignet.